Segeltourn von Pico nach Terceira
Nach der stürmischen Nacht in der Ankerbucht von Pico segelten wir nun bei bestem Wetter weiter Richtung Terceira. Es war unsere letzte gemeinsame Segeltour mit unseren lieb gewonnenen Mitseglern Marthe, Simon und Susanne. Sie waren insgesamt sechs Wochen mit uns an Board und hatten auch bei unangenehmen Regenschauern und aufrüttelnden Starkwinden stets ihre gute Laune bewahrt und ihre Freunde am Segeln bekundet. Simons und Marthes Begeisterung für das Zubereiten von leckeren vegetarischen Gerichten hatte zudem zur positiven Atmosphäre maßgeblich beigetragen.
Ankommen auf Terceira
Mit Sonnenschein und einem dunkelblau glitzernden Meer segelten wir bei angenehmen Winden der Ankerbucht von Terceira entgegen, zeitweise auch in Begleitung von einem Rudel schwarz-weißer Delfine. Kurz vor Angra do Heroísmo, der Hauptstadt von Terceira, sahen wir die Segelyacht AnaSira von Katja und Klaus vor uns. Sie waren gerade im Begriff, in den Hafen einzulaufen. Wir hingegen entschieden uns wieder für das Ankern.
Der Wind aus nördlicher Richtung wurde vom Hausberg Monte Brasil abgefangen, sodass wir hier bei ruhiger See den Anker unbesorgt fallen lassen konnten. Florian und Isa mit ihren beiden Kindern von São Jorge kommend (eine Insel, die direkt gegenüber von Pico liegt), trafen kurz nach uns ein und ankerten neben uns. Mit all den Segelfreunden um uns herum fühlten wir uns hier fast wie zu Hause. Auch waren der Blick vom Ankerplatz auf die wunderschöne Altstadt sowie auf den Hausberg Monte Brasil nebenan einfach klasse.
Am nächsten Morgen hieß es dann Abschiednehmen von unserer jungen Crew und dem gemeinsamen Bordleben. Dies war mit einem weinenden und einem lachenden Auge verbunden. Einerseits hatte uns die intensive Zeit als Crew zusammengeschweißt und viel Freude bereitet. Andererseits war auch jeder froh, mal wieder mehr Raum und Zeit für sich zu haben. Und auf eine warme Dusche im Hostel freuten sich Marthe und Simon ganz besonders. Susanne hingegen erwartete entspannte Tage mit Blick aufs Meer von einem Zeltplatz aus. Nach einem ausgiebigen Spaziergang hoch zum Hausberg Monte Brasil trafen wir dann einander dann noch einmal für ein Abschiedsessen in einem Restaurant mit leckerer regionaler Küche. Es war schön, noch einmal in gemütlicher Runde gemeinsam auf die Segelerlebnisse zurückzublicken.
Wandertage mit Katja und Klaus auf Terceira
Wandern und Schwimmen mit unseren Seglerfreunden Katja und Klaus auf der grünen Insel Terceira
Für zwei Tage mieteten wir am darauffolgenden Montag zusammen mit Katja und Klaus einen Wagen, um die Insel näher zu erkunden. Wir genossen die herrlichen Ausblicke während der Küstenwanderungen genauso sehr wie die verschlungenen Wege auf dem alten Ochsenkarrenweg, ebenfalls verbunden mit grandiosen Ausblicken auf die Kraterlandschaft. Schön entspannend war auch das Schwimmen im Naturpool bei Ribeira, einem hübschen Städtchen am hier oftmals tosenden Atlantik (gern genutzt von Wellenreitern).
Straßenstierkampf
Ein ganz besonderes Highlight bildete zum Ende unserer ersten Tour ein für die Azoren typisches Volksfest, in das wir zufällig hineingerieten. Die Einheimischen einer kleinen Ortschaft am Meer hatten sich bereits auf Mauern und Balkone verteilt, um einen Straßenwettkampf mit Stieren beizuwohnen. Hierfür wurden fünf Stiere in ihren Transport-Boxen per Lastwagenkran auf die Straße hinuntergelassen. Lange blaue Seile wurden ausgelegt und schon bald entsprang der ersten Box ein muskelbepackter schwarzer Stier.
Der Torreror forderte ihn zum Kampf auf, indem er mit einem roten Tuch (abwechselnd auch einem weit geöffneten Regenschirm) und lauten Rufen auf ihn zutrat. Das hormongesteuerte Tier ließ sich nur zu gerne provozieren, schabte zunächst mit den Vorderläufen im roten Sand und nahm dann einen kraftvollen Anlauf in Richtung des Torrerors. Der wiederum wich gekonnt aus, nahm aber hier und da auch reißaus, was dann seiner zuvor heldenhaften Pose die Ausstrahlung nahm. Mehrere Männer in eleganten Kostümen hielten den Stier mithilfe der blauen Seile bei seinen Angriffsversuchen unter Kontrolle. Hier und da wendete sich der Stier auch dem Publikum auf der Straße zu und rannte den Leuten wutschnaubend entgegen, die wiederum hurtig davonliefen.
Das ganze Spektakel war spannend und auch amüsant anzuschauen. Nach etwa einer Stunde wurde das Tier mithilfe der Seile wieder in seine Box geführt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass dem Tier mit dieser Art von Sportkampf etwas angetan wurde.
Rundgang durch den Stadtpark von Angra do Heroismo
Abschiednehmen von Katja und Klaus
Zum Abschied nun auch von unseren lieben Seglerfreunden gönnten wir uns ein gemeinsames Abendessen in einem Restaurant mit typisch portugiesischen Gerichten. Mit dabei war auch Karsten, der sich mit seiner Freundin seit 1,5 Jahren auf einem Rundatlantik-Segeltourn befindet. Katja und Klaus wollten, wie eigentlich immer, schon vor uns ihre Tour Richtung England antreten und warteten nun auf ein passables Wetterfenster.
Ankunft von Christoph und Niklaas
Wir dagegen machten uns erst einmal auf nach Praia da Vitória, einem Hafenstädtchen auf Terceira mit Yachthafen und langen Sandstränden (was für die Insel ansonsten eher untypisch ist) und zudem in der Nähe vom Flughafen.
Hier sollten dann am nächsten Tag Jochens Cousin Christoph mit seinem Freund Niklaas zusteigen. Nach 12 Stunden Verspätung und komplett übernächtig war es dann endlich soweit, dass wir sie mit einem Mitternachtstrunk bei uns an Board begrüßen konnten.
Die beiden Freunde wollen uns für die Überfahrt von den Azoren nach England begleiten. Zum Einsegeln und auch weil Angra do Heroísmo die attraktivere Stadt ist (immerhin Unesco Weltkulturerbe) segelten wir bereits am darauf folgenden Morgen die Strecke wieder zurück, diesmal in die Marina von Angra do Heroísmo. Die beiden Männer mussten sich erst einmal akklimatisieren: Christoph und Niklaas freuten sich über den kleinen Segeltourn, waren aber doch noch merklich erschöpft vom Arbeitsleben und der anstrengenden Anreise. Ein erster Ausflug zum Monte Brasil am nächsten Morgen mit seinen Pfauen und Rehen (sowie den Haustieren Katzen und Hühner) trug sichtlich zur Erholung bei.
Ein geeignetes Wetterfenster für die Überfahrt in naher Zukunft war erst einmal nicht in Sicht. Und so beschlossen wir, uns auch mit Christoph und Niklaas einen Wagen zu mieten, um Terceira jetzt wandernd zu erkunden. Zudem stand noch der Rieseneinkauf für die nächsten zwei Wochen der Überfahrt an. Dafür ist ein eigenes Auto ja ebenfalls Gold wert.
Wanderausflug zum Monte Brasil
Mysterios Negros
Die erste Wanderung führte uns durch den Nebelwald Mysterios Negros, den ich zuvor schon einmal alleine gelaufen war. Das dichte Nebeneinander von Moosen, Farben, Gräsern und winzigen Blumen entlang des Pfades auf Felsen, Steinwällen und selbst Bäumen war einfach faszinierend schön anzusehen. Der Weg führte über feuchtglänzendes Wurzelwerk und schwarzes Lavagestein, durch Felsspalten und herbstlich leuchtenden Nadelwald hindurch. Auf dem Rückweg bildeten hochgewachsene japanische Zederbäume mit ihren rötlichen Stämmen und hellgrünen Blattwerk auf beiden Seiten einer asphaltierte Straße eine wundervolle Allee. Schaute man zwischen die Bäume hindurch, entdeckte man felsgroße Mooskissen auf gelblich leuchtenden Vulkanhügeln, auf denen schwarz-weiß gefleckte Kühe ( den Schleswig-Holsteiner Kühen gleich) friedlich grasten.
Vulkanschlot
Nach 2,5 stündiger Wanderung und einer Brotzeit im Wald, fuhren wir am Nachmittag noch etwas weiter zu einer unterirdischen Höhle. Sie war durch einen Vulkanausbruch im Jahre 1957 entstanden. Lange Treppenstufen führten uns tief in das Vulkaninnere hinein. Ganz unten befand sich ein dunkler kleiner See und schaute man nach oben, sah man eine große Öffnung, durch die der Vulkan einst seine Lava, sein Feuer und den Rauch explosionsartig nach Außen gespuckt hatte. Das Innere des Vulkanschlots stand ganz im Zeichen kontrastreicher Wechsel von Hell und Dunkel. Seine spezifische Ausformung und rauen Strukturen der Wände sowie die Farben von Schwarz, Braun und Ocker ließen in mir ein inneres Bild von den starken Kräften und dramatischen Vorgängen entstehen, die hier einst stattgefunden haben müssen.
Einkaufen für die große Überfahrt nach England
Am Ende unseres ersten Ausflugstages stand noch das Einkaufen als Programmpunkt auf unserer Liste. Hier in Portugal macht das Einkaufen ja endlich wieder richtig Spaß. Die ganze Vielfalt und moderaten Preise könnten wir nach den weniger freudevollen Einkaufserfahrungen auf den Bahamas und Bermuda jetzt wieder richtig wertschätzen.
Und für die etwa 12-tägige Segeltour von den Azoren quer über den Atlantik nach England brauchten wir als vierköpfige Crew richtig viel. Über zwei Stunden verbrachten wir in der großen Supermarktkette Continente und hatten am Ende drei Einkaufswagen prall angefüllt mit Lebensmittel aller Art.
Wanderausflug nach Rocha do Chambre
Wir hatten den Mietwagen für zwei Tage gebucht. Leider regnete es am zweiten Tag erst einmal ziemlich kräftig, sodass wir schon befürchten mussten, dass unsere geplante Wanderung ins Wasser fallen würde. Aber dann stabilisierte sich das Wetter am Nachmittag doch dahingehend, dass wir zumindest einen kleineren Ausflug ins Auge fassen konnten.
Die Tour durch das Gebiet Rocha do Chambre entwickelte sich jedoch mehr und mehr zu einer hoch anspruchsvollen Wanderstrecke, da wir uns über von Regenwasser geflutete Wanderwege bewegen mussten. Auch ging es immer wieder steil bergauf durch Waldgebiete und stärker anschwellende Bachläufe. Wir sprangen über breite Pfützen und liefen abwechselnd über glattes Wurzelwerk, lehmnassen Matsch und wackeliges Geröll aus Vulkangestein. Auch hangelten wir uns mithilfe von Seilen oder Astwerk die Hänge hoch und runter. Immer wieder wurden wir jedoch mit spektakulären Ausblicken auf die weite Berglandschaft belohnt. Am Ende unserer mittlerweile 3,5 Stunden andauernden Wanderung durch unwegsames Gelände standen wir uns plötzlich einer Herde halbstarker Bullen gegenüber. Der Wanderpfad sollte am Rande ihrer Weide entlang führen. Die Halbstarken begrüßten uns bereits mit lautem Gebrüll und freuten sich anscheinend schon auf ein Kämpfchen mit uns. Wir beschlossen daraufhin, die benachbarte Weide zu nehmen, die parallel zu unserm Pfad verlief, uns aber durch eine höhere Steinmauer und dichtes Buschwerk vor den Rindern Schutz bot. Die Weide war allerdings das Grauen an sich. Wir mussten uns regelrecht durch den regendurchweichten Matsch schlagen und blieben immer wieder auch in der klupschigen Masse stecken. Am Ende überwanden wir noch erfolgreich eine wacklige Steinmauer und einen biestigen Stacheldrahtzaun, um unseren Weg zum Ziel (das hieß jetzt heiß ersehnter Parkplatz) zurück auf dem Wanderweg antreten zu können.
Die hohen Bäume wurden vom vielen Regen regelrecht umflutet.
Wir waren am Ende mächtig stolz auf uns, allen Widrigkeiten getrotzt zu haben und waren einhellig der Meinung, dass dies unsere bisher beste Wanderung ever gewesen sei.
Am folgenden Tag galt es noch die letzte Vorbereitungen für unsere große Überfahrt von den Azoren zu den englischen Isle of Scilly zu treffen. Während unserer Wanderung war Jochen bereits unters Boot getaucht, um das Unterwasserschiff zu reinigen. Auch war er in den Mast gestiegen, um unseren neuen Windgeber zu installieren. Aber darüber und über den Verlauf unserer Überfahrt berichtet Jochen dann ausführlicher im nächsten Beitrag.