Wir bewegen uns jetzt in Richtung Grenada und sind damit auf dem Weg zur südlichsten Insel der kleinen Antillen. Der Route dorthin folgend, kommen wir an Inseln vorbei, die wir bereits einmal besucht haben.
Nach all dem Neuen und Unbekannten einer Neuentdeckung tut es gut, auch einmal in bekanntere Gefilde zurückzukommen. Hier kennen wir dann schon die Basics, wie etwa den Weg zur Einklarierungsbehörde, den Supermarkt, …
Auf jeder der an sich schon „bekannten“ Inseln sind jedoch auch Wünsche zurückgeblieben. So hatten wir beispielsweise Wanderungen oder Besuche von Orten geplant, die wir aus unterschiedlichsten Gründen dann doch nicht umgesetzt hatten.
Und so war es auch bei der Rückkehr nach St. Pierre auf Martinique.
Es war schön, den kleinen Ort wiederzusehen. An einiges, wie die Markthalle, erinnerten wir uns sofort, anderes meinten wir aber auch noch nie zuvor gesehen zu haben. Diesmal wollten wir den Norden Martiniques unter einem anderen Licht unter die Lupe nehmen. Hatten wir bei unserem ersten Besuch vor allem die Gedenkstätten aufgesucht, die vom verheerenden Unglück und Ausmaß des Vulkanausbruchs von 1902 erzählen konnten, so waren wir jetzt neugierig darauf, die Berg- und Küstenlandschaft des Nordens von Martinique einmal näher zu erkunden.
Der erste Wanderausflug führte uns daher zunächst mit dem (angenehm pünktlichen) Bus etwa 15 km weiter nördlich von St. Pierre zum kleinen Fischerort Le Prêcheur.
Von dort ging es dann zu Fuß die kurvige Küstenstraße entlang. Sie war zum Glück wenig befahren und eröffnete uns malerische Blicke auf die wilden Klippen und das vom kräftigen Wind aufgepeitschte Meer.
An der Bucht Anse Céron machten wir einen ersten Stopp und beobachten die geübten Wellenreiter auf den imposanten Brandungswellen sicher surfend. Weiter die Küstenstraße entlang wandernd, erreichten wir die nächste, noch wilder anmutende Bucht und beobachten während des ersten Picknicks wiederum fasziniert die geradezu elegant auf den Wellen reitenden Surfer.
Einen steilen Bergrücken wollten wir noch weiter aufsteigen, mussten aber aufgrund der Hitze und auch fehlender Kondition auf halber Stecke umkehren. Immerhin hatten wir von hier oben bereits einen schönen Blick in den üppigen Regenwald. Der gleiche Weg zurück fiel uns dann merklich leichter und schon zwei Stunden später saßen wir wieder im wunderbar zuverlässigen Bus zurück nach St. Pierre.
Für den darauffolgenden Tag hatten wir uns den (von vielen begeisterten Wanderern beschriebenen) Route de Canal des Ensclaves (Kanalroute der Sklaven) vorgenommen. Im Touristenbüro mit einer Landkarte von Martinique versorgt, wurden wir zwar daraufhin hingewiesen, dass der Weg zur Zeit gesperrt sei. Von den von uns zuvor studierten Beiträgen hieß es wiederum, dass man ihn trotzdem sicher gehen könnte. Etwas verunsichert beschlossen wir uns erst einmal auf den Weg zu machen und dann spontan zu entscheiden. Dafür fuhren wie mit dem Bus in den etwa 8 km entfernten Nachbarort Le Carbet. Dort angekommen, wanderten wir eine ganze Weile an dem breiten Fluss Revière du Carbet entlang.
Von einem Hinweisschild geradezu magisch angezogen, da er uns die Richtung zum Canal de Ensclaves anzeigte, beschlossen wir, es zu versuchen. Da wir jedoch nicht die vorgeschlagene öde Straße dorthin nehmen wollten, bahnten wir uns stattdessen einen Weg durch die Büsche auf den von googlemaps aufgezeigten Trampelpfad entlang. Und ja, dann standen wir plötzlich vor der erwähnten Absperrung, deren Zaun bereits ein großes Einstiegsloch aufwies. Mutig kletterten auch wir hindurch und befanden uns sehr bald auf einem traumhaften Wanderfahrt immer den (während der Kolonialzeit) von Sklavenhand erbauten schmalen Kanal entlang.
Der gepflasterte Weg bot einen rutschfesten Untergrund, der aber auch von Nöten war, wenn man nur nach rechts den steilen Abhang hinunterschaute. Bei Nässe durch Regen ist der Weg ganz sicher um einiges unsicherer. Wir wanderten etwa zwei Stunden immer den vom Regenwald beschatteten Kanalweg entlang und hatten dabei fantastische Ausblicke auf die Bergwelt des Nationlparks von Martiniques Norden. Auf halber Strecke wurde der Weg ein wenig brüchiger und auch mussten wir einen kleinen Wasserfall passieren, der vom schmalen, nur 40 cm breiten Kanalweg geradewegs einen steilen Abhang hinunterfloss. Aber insgesamt war der Weg einfach nur wundervoll und an den meisten Stellen problemlos begehbar.
Am Ausgang des Kanalweges angekommen, hieß es nun in der Mittagshitze eine sehr lange steile Straße hoch bis zur nächsten Ortschaft zu laufen, da dort ein Bus zurück nach St. Pierre fahren sollte (ein junger Mann wünschte uns dafür ein wenig grinsend viel Glück).
Aber schließlich in dem hochgelegenen Ort mitten in den Bergen nach einer gefühlten Ewigkeit angekommen, sollte uns tatsächlich ein Bus von dort einladen – und das ganz wie es auf dem digitalen Fahrplan bereits angezeigt. Nach den Erfahrungen auf den bisherigen Inseln geradezu ein Wunder.
Diese Wandespfad war für uns einer der bisher Eindrucksvollsten gewesen. Nur der traurige historischen Hintergrund seiner Entstehung lässt uns ein wenig nachdenklich zurück.
Von St. Pierre segelten wir am nächsten Morgen immer die Küste Martiniques entlang zur Grande Anse. Bei der Haupstadt Fort de France setzte der schon erwartete Düseneffekt ein, d.h. aufgrund der dortigen tiefen Bucht blies uns ein starker Wind entgegen. Rechtzeitig die Segel gerefft, meisterten wir diesen Abschnitt aber ohne Probleme und fuhren danach dann entspannt in die für uns neue Bucht ein. Eric, ein Segler, den wir in Deshaies auf Domenica kennengelernt hatten, hatte uns den Tipp gegeben, nach einer gelben kleinen Mooring- Boje Ausschau zu halten, die meist aufgrund ihrer unscheinbaren Erscheinung nicht belegt werde. Zunächst hatten wir kein Glück an einer Boje festmachen zu können und so steuerten wir für die Nacht die Nachbarbucht an, denn in der Grande Anse gilt Ankerverbot. Am nächsten Morgen war die von Eric beschriebene Boje dann tatsächlich frei und wir machten an ihr fest.
Das Riff ist hier besonders üppig mit riesigen gefäßartigen wunderschönen Korallen. Auch konnten wir beim Schnorcheln viele Fische in allen Formen und Farben und ganze Fischschwärme bewundern. Von dem kleinen Ort der Grande Anse ausgehend, gab es auch einen Wanderweg in die Nachbarbucht, der für die heißen Temperaturen gut zu schaffen war.
Einen weiteren schönen Ausflug führte uns in einen Mangrovenwald. Dafür segelten wir erst einmal wieder ca. 10 Meilen zurück in Richtung Fort de France. Unweit von der Hauptstadt, aber dennoch einsam gelegen, legten wir uns an der Ile de Petit vor Anker und genossen den Blick auf die von Mangroven gesäumte Küste. Mit dem Dingi ruderten wir später einen kleinen Fluss ganz in der Nähe entlang, der uns mitten durch den Mangrovenwald führen sollte. Hier in der Stille und bei nur schemenhaften Lichtverhältnissen nahmen wir die Vogelrufe und das Knacksen und Knirschen von Ästen besonders deutlich war. Es herrschte dadurch eine geradezu geisterhafte Stimmung …
Am folgenden Tag segelten wir wieder in südliche Richtung und machten auf dem Weg nach St. Anne einen Übernachtungsstop in der Anse de Marigot. Am Morgen unternahmen wir auf der Landzunge einen Morgenspaziergang. Leider mussten wir feststellen, dass die eigentlich von außen malerisch anmutende kleine Bucht vom umherliegenden Müll doch ziemlich verschandelt wird. Dennoch entdeckten wir am Rande des kleinen Wanderpfads auch einige besondere Pflanzen. Wir vermuten, dass dieser Weg einmal richtig schön angelegt war und mit der Zeit dann verwildert ist.
Am Nachmittag nach einem ziemlich ausgiebigen Kreuzkurs ließen wir ganz in der Nähe von unserem alten Ankerplatz in der Ankerbucht von St. Anne unseren Anker fallen. Wieder war die Bucht übersäht von Segelbooten aus aller Welt. Wir hatten jedoch freie Sicht auf den mit Palmen gesäumten Strand und konnten zudem vom Boot aus die weite Bucht zum ausgiebigen Schwimmen (früh morgens ganz für uns) nutzen. Auch der Blick auf die Küstenlinie in der Ferne war besonders während Abenddämmerung ein wahres Erlebnis fürs Auge.
Die folgenden zwei Wochen verbrachten wir tagsüber hauptsächlich mit Einkäufen und kleineren Reperaturarbeiten. Wir brauchten etliche Ersatzteile fürs Boot. Zudem schafften wir zentnerweise Proviant an Bord, da nach Martinique das Einkaufen für Monate wieder unwahrscheinlich viel teurer werden würde. Abends trafen wir uns mit alten und neuen Freunden.
So waren fast zeitgleich mit uns wieder Lutz und Horst in der Bucht von St. Anne eingetroffen. Sie haben nun endlich einen Termin vor Ort für einen Frachter erhalten. Mit diesem soll die Reinke-Yacht von Horst aufgrund des Motorschadens zur Reperatur nach Iljmuden in den Niederlanden transportiert werden. Den ersten gemeinsamen Abend verbrachten wir in einem Restaurant zum Austausch unserer Erlebnisse der vergangenen zwei Monate, einen anderen Abend wurden wir von den beiden auf deren Schiff zum Sundowner eingeladen und mit einem anschließenden leckeren Abendessen verwöhnt.
Auch Armin und Marisol (wir hatten uns ebenfalls auf der ersten Tour nach Martinique kennengelernt) waren ganz in der Nähe von uns. Sie lagen mit ihrer Yacht in der Nachbarbucht Le Marin vor Anker. Marisol aus Kolumbien und Armin aus der Schweiz sind schon viele Jahre on tour. Sie bereisten zunächst fünf Jahre lang mit einem Camper ganz Nord- und Südamerika. Dann stiegen sie auf eine Segelyacht um und besuchen nach Touren im Mittelmeer mit der Überquerung des Atlantiks nun den karibischen Raum.
Wir verbrachten schöne gesellige Abende miteinander, wobei wir uns gegenseitig mit leckeren Speisen bekochten, aber auch einmal pausierten und dafür Essen gingen.
Und auch mit Eric und Heike, die mit ihrem Schiff an einer gemietete Boje in Le Marin lagen, trafen wir uns im Wechsel auf unseren Yachten zum Klönschnack mit Rumpunsch und Snacks. Mit ihnen und deren Freund Karl-Heinz unternahmen wir zudem einen Ausflug per Mietwagen. Wir besuchten u.a. den wunderschönen Wasserfall Sout de Gendarmerie sowie die Hábitation Clément.
Die Hábitation Clément ist eine alterwürdige ehemalige Rumdistillerie, die neben ihren Gebäuden im Kolonialstil, musealen Geräten zur Rumherstellung auch zeitgenössische Arbeiten von Künstler und Künstlerinnen aus der Karibik innerhalb eines Skulpturenparks und einer Ausstellungshalle zeigt.
Nach Monaten in purer Natur war es schön, auch einmal Kunstwerke anschauen zu können. Vor allem die Präsentation der Skulpturen in dem wunderschön angelegten Park haben mir sehr gut gefallen. Der Park mit seinen vielfältigen Pflanzen war selbst schon eine wahre Augenweide.
Katja und Klaus gehören zu unseren neuen Bekannten, die wir über den Besuch des deutschen (!) Stammtischs in der Mango Bay in Le Marlin kennen gelernt haben. Die beiden planen eine sehr ähnliche Segelroute wie wir und so ist es sehr wahrscheinlich, dass wir uns immer mal wieder begegnen werden.
Nach all den geselligen Abenden fiel es uns wahrlich schwer, uns von Martinique loszueisen. Da wir aber nicht den Abenteuergeist verlieren wollten, haben wir uns schließlich doch wieder aufgemacht und sind nach Santa Lucía weitergesegelt.
Dort wartete bereits eine Überraschung auf uns, denn Diego, unser Atlantik-Mitsegler, weilt zur Zeit auch auf dieser Insel. Er segelt derzeit auf einem Katamaran mit – wieder als Hand-gegen-Koje-Mitsegler.
Am Abend wurden wir von ihm sehr lieb zum Abendessen in einem Restaurant direkt mit Blick auf die Hafenszenerie ausgeführt. Einfach klasse!
Es ist schön, nach nur fünf Monaten in der Karibik neue Freunde und Bekannte gewonnen zu haben, mit denen uns die Freude am Segeln und Reisen verbindet. Neben den vielen prägenden Naturerebnissen fühlen wir uns vor allem durch diese neuen Freundschaften sehr bereichert und mit der Karibik herzlich verbunden.
Heute Morgen ging es dann auf Erkundungstour mit einer kleinen Wanderung auf den Hausberg der Ankerbucht namens Pigeon Island.
Von hier hatten wir wunderbare Ausblicke auf die Berge und Küstenlinie von St. Lucía.
Liebe Anja, lieber Jochen,
leider ist es diemal etwas später für einen Kommentar geworden. Immer kam mir etwas dazwischen, aber nun nehme ich mir die Zeit dafür.
Das Beispiel des Neubesuchs der von Euch schon besuchten Insel zeigt, daß auch Wiederholungsbesuche sinnvoll sind, da die Natur, Landschaft und Leute so vielfältig sind um sie bei einem Besuch alles zu erfassen.
Der Reisebericht ist sehr schön verfaßt und uns fällt es schwer, ihn nicht gleich an einem Stück zu lesen. Es ist sehr schön, mit Euch an dieser Reise teilhaben zu können. Die Bilder, besonders die Morgen- / Abendstimmungen und auch die Vielfalt der Pflanzen haben es uns angetan.
Laut der Positionsangabe auf dem Blog seid Ihr jetzt auch auf dem Weg Richtung Genada, der südlichsten Insel der kleinen Antillen.
Wir wünschen Euch weiterhin viel Spaß und Glück auf der Reise,
Bettina u. Hans
Lieber Hans, liebe Bettina!
Es ist immer sehr schön, eure ausführlichen und so positiven Kommentare zu lesen. Das motiviert uns, weiter zu machen und euch auf diese Weise an unseren Erlebnissen teilhaben zu lassen. Wir hoffen, dass ihr eure Londonreise ebenfalls genießen konntet- trotz oder vielleicht auch wegen des großen Trubels rund um die Krönungsfeierlichkeiten. Liebe Grüße von der kleinen Privatinsel Petit St. Vincent (diese dürfen wir leider nur von der Ankerbucht aus betrachten und nicht betreten) Anja und Jochen