Vor unsere Abreise hatte ich noch geglaubt, die Verwendung des Handys würde im Verlauf der Zeit immer mehr in den Hintergrund rücken: Weshalb sollte man im Internet herumsurfen, wenn das Paradies direkt vor den Augen liegt? Leider hat sich diese romantische Vorstellung nicht bewahrheitet – das Handy ist eher noch mehr im Einsatz als zuhause.
Denn schließlich ist man bei einer Reise ständig dabei, sich über die bevorstehenden Ziele zu informieren: Was gibt es in dem neuen Land zu entdecken? Wie und wo klariert man ein? Wie ist die Sicherheitslage? Welche Ankerplätze werden von der Segler-Community empfohlen? Wo bekommt man einen Mietwagen? Welche Wanderwege gibt es? Wie entwickelt sich das Wetter?
Dazu kommt natürlich der Draht zu den Lieben zuhause und zu Mitseglern über WhatsApp und Co sowie die Pflege unserer Internetseite. Und schließlich möchten wir auch ganz gerne wissen, was in Deutschland und der Welt politisch so los ist.
Solange wir uns in Europa aufgehalten haben, konnten wir die mobilen Daten des Mobiltelefons noch zu den gleichen Konditionen nutzen wie in Deutschland. Mit der Überfahrt von den Kanaren zu den Kapverden war damit Schluss: Mit unserem Vertrag (AldiTalk) kostet ein MB Daten 0,99 €. Bei einem typischen Verbrauch von 1 GB/Tag würden wir also für die Handy-Nutzung 30.000 € im Monat ausgeben, das ist eindeutig zu viel. Wir sehen also zu, die mobilen Daten im EU-Ausland zu deaktivieren. Stattdessen kaufen wir im jeweiligen Land eine SIM-Karte und können dann zu den dortigen Konditionen ins Netz. Der Kauf einer SIM-Karte stellt in der Regel kein Problem dar. Karten werden in den Shops des Netzbetreibers angeboten, häufiger aber auch im Kiosk, Supermarkt oder (auf Antigua) in einer Apotheke. Ausweis nicht vergessen, dann wird der Account beim Verkäufer gleich eingerichtet und es kann ohne Wartezeit losgehen. Richtig billig ist aber auch das nicht: Im Monat entstehen etwa Kosten von 50 bis 100 € für den Kontakt nach Außen.
Mit dem Kauf einer neuen SIM-Karte hat man natürlich auch eine neue Telefonnummer (eben die des Landes). Für E-Mail und zum Surfen im Netz kein Problem, wohl aber für WhatsApp, welche an die Telefonnummer gekoppelt ist. Aber hierfür gibt es einen Trick, den mir mein lieber Cousin Christoph verraten hat: Die SIM-Karte wird nicht ins eigene, sondern in ein weiteres (altes) Smartphone gelegt. Hier aktiviert man ein lokales W-Lan-Netzwerk, bei Android heißt das „Mobiler Hotspot“, beim iPhone „Persönlicher Hotspot“. In dieses W-Lan-Netzwerk wählt man sich dann mit dem eigenen Handy ein (so, wie man es im Internet-Café macht). Vorteilhat ist bei einer Reise mit mehreren Personen: Es genügt der Kauf einer SIM-Karte, denn in den mobilen Hotspot kann sich die gesamte Crew einwählen. Außerdem lässt sich auf diesem Wege auch das Notebook mit Internet-Zugang versorgen. Alternative zum alten Smartphone: Ein mobiler LTE-Router, den man in Deutschland für etwa 50 € bekommt.
Surfen über den deutschen Anbieter
Wem das Kaufen einer SIM-Karte im jeweiligen Land zu nervenaufreibend ist, der kann auch über seinen deutschen Telefonanbieter ein entsprechendes Zusatzpacket für (annähernd) weltweite Nutzung buchen. Allerdings habe ich noch kein Angebot finden können, das mit der lokalen SIM-Karte mithalten könnte. Vodafone bietet zum Beispiel ein Zusatzpacket „ReisePaket World Woche“ für 30 €/Woche an, mit dem immerhin 500 MB Daten pro Tag genutzt werden können.
Handy – das Daten-Monster
Handys sind leider wahre Daten-Monster. So werden zum Beispiel im Hintergrund ständig die Apps und das Betriebssystem Up-To-Date gehalten, nette Apps schicken unaufgefordert die neusten News über Megan und Harry und bei einer Google-Suche wird ein passender Film gleich in der Vorschau abgespult. Ich möchte nicht behaupten, dass ich dies in den Griff bekommen hätte, aber es hat geholfen, in den Einstellungen nur denjenigen Apps Zugriff auf das Internet zu gewähren, die auch tatsächlich ins Netz sollen. Als den schlimmsten Daten-Verschwender habe ich Google Fotos erlebt, ein eigentlich sehr praktischer Dienst, bei dem aufgenommene Fotos automatisch auf eine Cloud geladen werden. Schon der Upload ist sehr Daten-intensiv und wenn ein einzelnes Foto aus der Vergangenheit anhand der Vorschaubilder gesucht und heruntergeladen wird, ist man bereits um etwa 300 MB ärmer. Eine andere Falle kann das Einschalten des Notebooks sein: Automatisch wird das neuste Windows-Sicherheitsupdate heruntergeladen. Auch einige Programme holen sich unbemerkt die notwendigen Daten aus dem Netz, um auf den neusten Stand gebracht zu werden. Bekannterweise gibt es für alles eine passende Einstellung, ich habe sie allerdings bislang nicht finden können.
Telefonieren im Nicht-EU-Ausland
Und wie sieht es nun mit dem Telefonieren aus? Das kommt ganz darauf an, wen man anrufen möchte: Anrufe auf ein anderes Handy (ganz gleich welcher Nation) funktioniert am besten über WhatsApp oder Signal. Es fallen dann nur die Kosten für die Datennutzung an, etwa 300 MB für eine Stunde quatschen. Für Anrufe ins Festnetz des jeweiligen Landes lässt sich häufig die SIM-Karte des Landes nutzen, sofern beim Kauf gleich Gesprächsminuten mitgebucht wurden. Dann muss natürlich mit dem Handy telefoniert werden, in dem die SIM-Karte des Landes steckt. Und für Anrufe ins deutsche Festnetz gibt es den Dienst „Satellite“. Hierzu muss die zugehörige App aufs Handy geladen werden und ein Registrierungsvorgang abgeschlossen werden. Danach lassen sich deutsche Festnetznummern ähnlich wie bei WhatsApp erreichen (max. 99 min/Monat), es fallen nur die Kosten für die Datennutzung an. Und wenn das alles nicht funktioniert, lässt sich am Ende auch über die deutsche SIM-Karte telefonieren. Die Kosten von typischerweise 1 bis 2 €/min laden zwar nicht zum Telefonplausch ein, für einen kurzen Informationsaustausch ist dies aber eine durchaus akzeptable Variante.
Auf hoher See
Auf hoher See wird alles anders, denn nach etwa 10 Seemeilen Fahrt verschwindet nicht nur langsam das Land am Horizont, sondern auch das Mobilfunknetz. Bis vor kurzem gab es nur zwei Alternativen: entweder über Kurzwelle mit Pactor-Modem oder über Satellitentelefon. Beides ist unglaublich langsam, etwa ein Tausendstel der Geschwindigkeit, die wir von Land gewohnt sind. Aber immerhin so schnell, dass sich Text-E-Mails verschicken lassen und – noch wichtiger – Wetterdaten in Form von kompakten GRIP-Files abrufen lassen. Wir haben uns für Kurzwelle entschieden, da es kostenlos ist. Naja, nicht ganz: Für die Anlage kommen etwa 2000 € zusammen und der Installationsaufwand ist erheblich. Da entspricht das Satellitenhandy mehr unserer Zeit, auch wenn die laufenden Kosten schon immer hoch waren und dies bislang auch geblieben sind: für 12 Monate mit insgesamt 300 min Gesprächszeit werden beispielsweise 920 € fällig.
Inzwischen macht Starlink von Elon Musk von sich reden. Wenn nicht die maritime Version, sondern die für Campingbusse spezifizierte Version verwendet wird, liegen sowohl Anschaffungskosten wie auch monatliche Kosten im grünen Bereich. Vor allem besteht dann der Luxus einer schnellen Internetverbindung. Das System steckt noch in den Kinderschuhen, aber ich bin davon überzeugt, dass in einigen Jahren kein Langfahrtsegler mehr ohne Starlink unterwegs sein wird. Einen interessanten Erfahrungsbericht findet man hier.
Lieber Jochen,
ich hätte nie gedacht, daß die Kommunikation mit der „Restwelt“ heutzutage doch noch so kompliziert ist.
Vielen Dank für Deinen interessanten Bericht dazu.
Da muß man sich in der Technik schon sehr gut auskennen, um sich da zurechtzufinden. Hier gilt auch im Besonderen der Spruch: Technik ist nur gut, wenn sie funktioniert
Offensichtlich bist Du und Anja versiert genug sich zurechzufinden, Glückwunsch dazu.
Viele Grüße,
Hans
Hallo Hans,
da sagst Du was. Aber am Ende muss ich ja sagen: Es ist zwar etwas kompliziert, aber wenn wir dann zum Beispiel mit unserem Sohn entspannt telefonieren können, ohne auf die Uhr sehen zu müssen und das auch noch in guter Qualität, dann ist das schon eine tolle Technik, die uns heute zur Verfügung steht und die Welt ein wenig kleiner werden lässt.
Herzliche Grüße von Antigua
von Jochen
Hallo Anja und Jochen!
Die Reise geht voran und es ist sehr schön, euch zu folgen. Bin gespannt, wie die nächsten Ziele aussehen. Falls ihr Richtung Westen fahrt, die Dominikanische Republik ist einen Besuch wert. Toll die vielen schönen Bilder, manche Ecke ist ja bekannt und Erinnerungen werden wach. Unser Atlantik-Tripp war ein unvergessliches Erlebnis, leider kam ich zwischenzeitlich nur ein paar Tage im Solent zum Segeln – natürlich ausser auf unserer Pfütze vor der Haustür, dem Bodensee. Das Blauwasser juckt schon wieder.
Euch weiterhin eine gute, unfallfreie Reise, tolle Begegnungen und viele schöne Erlebnisse! Liebe Grüsse aus Süddeutschland, euer Mitsegler Stefan
Hallo Stefan,
schön von Dir zu hören – und es freut uns immer, wenn unsere Seite verfolgt wird. Ja, so manches Bild lädt wirklich zum Träumen ein. Bin mir ganz sicher, dass es auch bei Dir demnächst wieder „ins Blaue“ geht.
Grüße aus Guadeloupe
Jochen und Anja