Curaçao: niederländisch angehaucht

Eigentlich hatten wir vor, Curaçao lediglich als Zwischenstopp anzusehen. Aber schon während des Einklarierens (nach Zoll- und Immigrationsbehörde waren wir nun an der dritten Station beim Hafenmeister angekommen) trafen wir auf Jean-Marc aus Belgien (mit Yacht Blowing Bubble), der uns in die WhatsApp-Gruppe der Segelgemeinschaft von Spanish Water einlud und zudem etliche Tipps für ein gutes Seglerleben auf Curaçao bereit hielt. 

Kaum waren wir Mitglied der WhatsApp-Gruppe hagelte es auch schon Empfehlungen und Einladungen zu den unterschiedlichsten Gemeinschaftsaktionen. 

Die erste sollte bereits am bevorstehenden  Wochenende anlaufen. Es hieß, es gäbe ein großes Segler-Event in der Nachbarbucht von Spanish Water. Um allerdings daran teilnehmen zu können, musste man sich beim Hafenmeister eine mit Gebühren verbundene Genehmigung fürs Ankern einholen, die dann für drei Nächte gültig ist (dieses Verfahren gilt übrigens für alle Buchten, in denen man auf Curaçao ankern möchte, was leider sehr abschreckend wirkt).

Da wir uns ja gerade beim Hafenmeister eingefunden hatten, beschlossen Jochen und ich, uns gleich eine derartige Genehmigung ausstellen zu lassen.

Und so lichteten wir schon zwei Tage später wieder den Anker und fuhren ganz erwartungsvoll aus Spanish Water hinaus, um dann nur zwei Meilen weiter in der Fuik Bay den Anker wieder fallen zu lassen. Es waren auch schon etliche andere Boote dort angekommen, die sich miteinander bei lautstarker Musik ins Päckchen gelegt hatten und deren Besatzungen schon in bester Partylaune waren.

Nur mussten Jochen und ich mit Erschrecken feststellen, dass die einlaufenden Yachten hauptsächlich aus Touribooten bestanden und die Musik aus den voll aufgedrehten Lautsprechern sogar nicht unserem Geschmack entsprach. Zwar gab es auch einige friedlich ankernde Segelyachten, aber die waren deutlich in der Unterzahl.

Kurzerhand beschlossen wir, diese Ankerbucht wieder zu verlassen und auf das gegenüberliegende Ende der Fuik Bay zu wechseln.

Hier herrschte im Kontrast zur zuvor besuchten Bucht eine geradezu mystische Stimmung. Zwar fand hier keine nette Seglerparty mit Barbecue und eisgekühltem Bier statt, aber nach all dem Lärm, genossen wir die Einsamkeit und Stille der uns umgebenden Landschaft umso mehr.

Wir unternahmen zunächst einen Spaziergang. Ein Pfad führte uns, an riesigen Kakteen vorbei, um das von Mangroven umsäumte Binnengewässer herum bis zur gegenüberliegenden Landzunge und den dort auftreffenden Atlantikwellen. Unser Blick von dort mit dem Rücken zum Meer wiederum traf auf eine steppenartige Landschaft mit kahlen, rotschimmernden Bergen in der Ferne. Diese Landschaft erinnerte mich ein wenig an die von Arizona in den USA.

Hier verbrachten wir nun unsere drei genehmigten Ankertage hauptsächlich mit Tagebuchschreiben, Fotografieren (zwischen den beiden Buchten gab es eine fotografisch interessante alte Industrieanlage) und Schnorcheln im Meer. Letzteres war fantastisch, denn es gab hier ganze Urwälder voll mit riesigen Korallen in ungeahnten Farben und Formen. 

Diese Tage in der Einsamkeit in der uns umgebenden Natur taten richtig gut und waren sehr erholsam. 

Wieder zurück im Spanish Water nahmen wir sogleich am abendentlichen Seglertreff bei Uncle J teil. Hier trafen wir auf eine internationale Gemeinschaft. Die meisten davon verbringen die gesamte Hurricansaison auf Curaçao, um danach wieder die umliegenden Karibikinseln zu besuchen. Wir trafen auch auf einen älteren Amerikaner aus Kalifornien, der schon seit 1989 die Welt bereist und viel zu erzählen wusste. Von ihm bekamen wir auch einige Tipps zu unserer geplanten Kolumbienreise.

Den darauffolgenden Tag nahmen wir an einem Salsakurs teil, der ebenfalls im Uncle J stattfand. Die ersten Grundschritte gelangen nach einer Weile des Übens schon ganz passabel. Immerhin wird in Kolumbien Salsa getanzt und darauf wollten wir vorbereitet sein.

Bereits am nächsten Abend fand das Treffen zum „Dingidrifting” am Ende der Bucht von Spanish Water statt. Jean-Marc als geborener Entertainer hatte dazu eingeladen. Und so banden wir unsere insgesamt 14 Dinghis miteinander zusammen und ließen uns bei Vollmondbeleuchtung und Musik mit der Strömung langsam zurück zu unseren Segelyachten treiben. Es herrschte eine angeregte Stimmung. Die meisten Teilnehmenden kamen aus den Niederlanden  (Curaçao war schließlich eine ehemalige Kolonie der Niederlande) und so wurde neben Englisch auch viel Niederländisch gesprochen. 

Am Ende wurde die Stimmung immer ausgelassenen, sodass einige, so auch wir, in unseren schwankenden Dinghis zu tanzen begannen. Manch einer fiel dabei ins Wasser und wurde unter viel Gelächter dann wieder an Bord gezogen.

Mit Kerstin, Norbert, Jörg und Susanne besuchten wir an einem Tag das alte niederländische Viertel von Willemstad. Ein Teil davon war geprägt von wunderschönen Plätzen und bunten Häusern aus der Kolonialzeit. Hier gab es viele kleine Kunsthandwerkerläden, Galerien, Cafés und Restaurants, die hauptsächlich von Touristen aus den Niederlanden heimgesucht wurden. Auch gab es auf den autofreien Gassen und Plätzen überall Malereien und Skulpturen zu sehen.

An das touristisch so herausgeputzte Viertel schließt ein eher ärmlicherer Stadtteil an. Die Häuser waren zum Teil recht baufällig, aber allesamt in kräftig leuchtenden Farben gehalten. Zudem gab es hier unglaublich viele und künstlerisch beeindruckend angefertigte Wandmalereien, die wir mit einem Spaziergang durch das Viertel bestaunen konnten. Das Viertel in den bunten Farben und lebendig umgesetzten Malereien hatte eine fröhliche Ausstrahlung und war sicherlich auch der Inhalt eines sozialen Projektes gewesen.

Am Ende von unserem ausgiebigen Stadtviertelrundgang ließen wir den Abend noch im Schatten von hohen Bäumen eines Restaurants ausklingen.

Die anderen Tage verbrachten wir viel mit Schnorcheln in den nahe gelegenen Buchten und Treffen mit unserer eigenen kleinen Seglergemeinschafft an Bord unserer jeweiligen Schiffe (mit den Namen Zuri, Ivalu, Odine, Pulpi und Aluna22).

Das Strandcafé an unserem Lieblingsschnorchelrevier, der Tugboat Bay, hatte es uns zudem besonders angetan. Obwohl direkt an der sehr präsenten Ölplattform gelegen, herrschte hier eine vollkommen entspannte Atmosphäre. Zudem bestand dieses Café aus einem wahren Stillleben mit vielerlei Fundstücken und bunt bemalten Hölzern (was das Malerherz wieder mal höher schlagen lässt).

Einen besonders schönen Abend erlebten wir auf der zum Piratenschiff umgebauten Sinbad. Von außen ein bisschen kitschig anmutend, war ich doch vom Innenausbau richtiggehend beeindruckt. Jo, ein Niederländer in den 70ern und seine Frau Soraida hatten das Boot ganz nach ihrem Geschmack gänzlich aus  Sperrmüllgegenständen und Restmaterialien selbst ausgebaut und gestaltet. So stammt der Mast der Sinbad von einer alten Straßenlaterne, die Piratenfigur obendrauf von einem aufgegebenem Restaurant und die vielen verschiedenen alten Lampen von Flohmärkten und dem Trödelhändler nebenan. Sämtliche Sitzbänke und Tische sind von Jo aus Holzfundstücken selbst gezimmert und auch das aufwendige Eisengeländer wurde in Eigenarbeit realisiert. Neben Ausflugsfahrten mit Touristen bieten die beiden an Bord ihres Schiffes Getränke und sehr leckere selbstgemachte Pizzen an.

Und so verbrachten wir mit den 11 Leuten unserer kleinen Seglergemeinschaft (immerhin sind wir seit den Las Aves fast ständig zusamnen) einen heiteren und ganz besonderen Abend mit dem alten Piratenpärchen. Jo erwies sich als wahrer Geschichtenerzähler und gab zwischendurch auch immer mal einen Witz zum Besten, was die allgemeinen Fröhlichkeit nochmals anheizte.

Die letzten Tage vor unserer Weiterfahrt nach Kolumbien mieteten wir uns zu fünft (Peter,  Coco, Medih und wir) ein Auto, um auch den Norden der Insel näher kennenzulernen.

Wir fuhren durch eine sonnendurchtränkte steppenartige Landschaft bis zur einem kleinen Parkgelände, der von der indigenen Bevölkerung verwaltet wird. Hier trafen wir während unserer kleinen Wanderung auch auf den mit 800 Jahren ältesten Baum von Curaçao. Mit seinem hohen, mauerartigen Wurzelwerk ein mächtiger Koloss in der ansonsten hauptsächlich von Kakteen und dornigen Buschwerk geprägten Landschaft. 

Zum Schnorcheln fuhren wir in ein Nationalparkgelände, das gleich vier geschützte Buchten umfasst. Von einem kleinen Strand aus stiegen wir ins kühle Nass und schwammen mit Tauchermaske, Schnorchel und Flossen ausgerüstet die felsige Küste entlang. Das Schnorchelerlebnis hielt sich leider in Grenzen. Da hatte die Schnorchel-Bucht in der Nähe unserer Ankerbucht mehr an Korallen und Fischen zu bieten. Immerhin bot die Strecke hin und zurück von Bucht zu Bucht eine sportliche Herausforderung,  sodass wir uns später ein kleines Mittagessen in einem nahe gelegenen Strandrestaurant redlich verdient hatten.

Etliche Leguane wanderten dort von Tisch zu Tisch und erwarteten eine kleine Essensspende. Wie sehr hatten wir uns auf den Les Saintes vor Guadeloupe auf die Pirsch gemacht, um auch nur einen kleinen Blick auf die eigentlich scheuen Tiere zu erhaschen!

Den späten Nachmittag und frühen Abend verbrachten wir noch einmal im alten holländischen Viertel von Willemstad. Wir wollten Coco und Medih unbedingt die wundervollen Wandmalereien zeigen. Mit ihnen und Peter saßen wir dann noch länger in einem besonders liebevoll und originell gestaltetem Restaurant – hier war sogar der Fußboden farbig bearbeitet worden.

Am nächsten Tag ging es ganz hoch in den Norden von Curaçao. An der Ostküste, die Wind und Wellen voll ausgesetzt ist, besuchten wir zunächst den Sheta Boka Nationalpark. Hier glich die Landschaft einer Steinwüste. Das Besondere an diesem Küstenabschnitt war das wilde Getose und Brechen der Wellen. An einer der verschiedenen Buchten trafen die Wellen in rhytmischen Abständen geradezu explosionsartig auf eine Mulde im Felsgestein und schossen dann meterhoch in die Höhe. An anderer Stelle konnten wir in eine unterirdische Höhle hinabsteigen und von dort das wilde Gebaren der Wellen beobachten.

An einem der kleinen Strände legten wir trotz der Hitze mit den dort herumliegenden Steinen die Namen unserer drei Boote in den Sand und fotografierten das Ergebnis als bleibende Erinnerung an den schönen Ausflug. Zurück am Parkplatz begegneten wir wieder zahlreichen Leguanen, die sich an herumliegenden Obstresten labten und sich dabei ungeniert zuschauen ließen.

Auch an diesem Tag fuhren wir noch zum Schnorcheln in einer der zahlreichen schönen Buchten. Wir waren ganz begeistert, als wir zwei ausgewachsene Schweine am Strand herumschnüffeln sahen. Weniger begeistert waren wir allerdings, als wir nach dem intensiven Schwimnen und Tauchen Cocos Rucksack und Plastiktragetasche beschädigt vorhanden. Die Schweine hatten sich über die mitgebrachten Sandwiches hergemacht und dabei auch Stücke aus den beiden Tragetaschen herausgerissen und gefressen. Die Jungs, die wir vorher noch gebeten hatten, einen Blick auf unsere Sachen zu werfen, haben dies anscheinend nicht mitbekommen oder sich schlichtweg einen Spaß daraus gemacht (Alkohol lässt grüßen).

Daraufhin ließen wir uns erst einmal  in einer Strandbar mit Meeresblick nieder und beobachten von dort aus die waghalsigen Felsenspringer.

Den dritten Autotag verbrachten wir gemütlich an einem Touristenstrand mit Schwimmen und unter den schattigen Bäumen genossen wir den Blick auf die Felsenküste und das türkisfarbenen Meer (diese Farbe fasziniert mich nach wie vor).

Am Abend hieß es dann Abschiednehmen von Coco und Medih, die nun zum Arbeiten für ein Jahr zurück in die Schweiz fliegen wollen (vorher jedoch noch für drei Wochen zum Familienbesuch nach Kolumbien). Ihre Poulpi wollen sie dafür am nächsten Tag in eine  Bootswerft in Willemstad bringen.

Aber auch Peter, Kerstin und Norbert mussten wir vorerst auf Wiedersehen sagen, da sie noch etwas länger auf Curaçao verbringen werden. Peter wartet noch auf die Rückkehr seiner beiden Mitseglerinnen Gabriel und Funny. Die beiden sind für 10 Tage nach Guatemala gereist, da es dort ein sehr verlockendes Angebot für eine Segelyacht gibt.

Wie wir später erfuhren, war die Reise erfolgreich verlaufen und die beiden sind jetzt selbst stolze Yachteigner. Dennoch wollen sie, wie zuvor besprochen, später noch mit Peter und seiner Ivalu nach Kolumbien nachkommen.

Den letzten Tag im Spanish Water von Curaçao verbrachten wir mit einem abschließenden morgentlichen Schnorcheln in unserer Lieblingsbucht, der Tugboat Bay, bevor es dann zum Ausklarieren und Einkaufen ein letztes Mal mit dem Bus nach Willemstad ging.

Wir verbrachten auf Curaçao eine schöne Zeit mit unseren Segelfreunden und auch den neuen Bekanntschaften aus der Seglercommunity. Mal wieder hieß es Abschiednehmen mit einem weinenden und lachenden Auge. Dabei sind wir gespannt, was Kolumbien für uns bereit hält.

2 Kommentare

  1. Bettina u. Hans

    Liebe Anja, lieber Jochen,
    wieder ein sehr gut gelungener Reisebericht.
    Besonders haben uns die Unterwasseraufnahmen, die vielfältigen Landschaftsbilder und die farbenfroh zusammengewürfelte Häuser gefallen. Faszinierend sind auch die Leguane, welche wie die Geckos ( haben wir in der Südsee auf Rarotonga gesehen ) senkrecht die Wände oder Stämme hochlaufen.
    Vielen Dank für diesen Bericht, so daß wir etwas an der Reise teilhaben können,
    Bettina u. Hans

  2. Liebe Bettina, lieber Hans!
    Vielen Dank für euer liebes Feedback! Wir freuen uns sehr darüber, dass ihr weiterhin so interessiert unsere Reiseberichte lest! Ja, die Leguane sind sehr faszinierende Wesen. Sie sehen aus als stammen sie noch aus der uralten Zeit der Dinosaurier. Genießt weiterhin die schönen Spätsommertage in der Heimat! Liebe Grüße aus Kolumbien! Anja und Jochen

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